Cannabis zerstört

Gott erneuert

«Dies ist unser Garten. Da unten standen meine Cannabispflanzen. Ich war echt stolz. Sie waren mächtig gross!» Zum Trocknen hingen sie in Claudios Zimmer. Er zeigte mir Fotos von seinem Chaos und der grünen Pflanze, die in seinem Giebelzimmer von der Decke hing. Claudio war Dealer. Drogen waren sein Leben.
Claudio
Jesus hat die Grundlage dazu geschaffen, dass ich wieder neu beginnen konnte.
Ich habe viele zum Drogenkonsum verleitet. Das tut mir heute leid.


Ich war dreizehn, als wir in unser Haus an der Grüningerstrasse einzogen. Es war nicht einfach, neue Freunde zu finden. Am sympathischsten waren die Jungs mit den Joints. Die sprachen mit mir. Sie waren offen, kollegial, irgendwie anders als die anderen. Aber eigentlich begann alles viel früher. Schon im Kindergarten fing ich an zu stehlen. Ich war als Kleinkind ein fröhlicher Junge, aber irgendetwas in mir reagierte schon früh suchtartig. Was ich haben wollte, das besorgte ich mir. Und ich konnte nicht so schnell genug bekommen! Später ging ich statt ins Karate in die Stadt. Meine Eltern wussten nichts davon. Ich besorgte mir immer wieder Dinge, die ich mir nicht leisten konnte. Dann musste ich mir eben Geld beschaffen oder die Dinge mitlaufen lassen.

Mittelmässigkeit mag ich nicht

Mit der Zeit war ich voll dabei. Ich rauchte Haschisch und Zigaretten. Im Garten pflanzte ich Cannabis. Richtige Prachtkerle waren meine Stauden. Mehr als zwei Meter hoch! Sie hingen zum Trocknen in meinem Zimmer. Meine Eltern versuchten alles. Sie sprachen viel mit mir. Sie liessen sich beraten. Es brachte nichts! Cannabis, Pilze, Alkohol, Pillen... Ich probierte alles aus. Mittelmässigkeit mag ich nicht. Nur wenige rauchten so viel wie ich. Beim Aufstehen, vor der Schule, in der Pause, über den Mittag, am Nachmittag und am Abend erst recht. Mein Vater ist Pfarrer, Spitalseelsorger. Aber mit meiner Sucht war er überfordert. Alle waren überfordert. Die ganze Familie und die Schule. Meine Lehrer hätten mich von der Schule schmeissen können. Aber sie setzten sich immer wieder für mich ein. Einmal war es der eine Lehrer, dann wieder der andere. Warum weiss ich auch nicht. Ich beendete die Sekundarschule. Ein kleines Wunder.

Einsamkeit

Dann begann ich die Lehre als Landschaftsgärtner. Das war ganz schön hart. Viertel vor sechs aufstehen. Bis am Abend arbeiten. Es war ein heisser Sommer und ich ein zarter Junge. Die rauhe Männerwelt setzte mir zu. Abends um Sieben fiel ich todmüde ins Bett. An den Wochenenden ging dann die Post ab. Ich habe viele zum Drogenkonsum verleitet. Das tut mir heute leid. Ich besorgte ihnen, was sie brauchten. Wir sassen stundenlang zusammen. Abwechselnd machten die Wodkaflasche und der Joint die Runde. Alle waren aufgestellt. Die Welt war uns egal. Wir lachten viel. Es war immer ein Gehen und Kommen. Ich sass mitten in der Clique, umgeben von Freunden und Cannabisduft. Dennoch war ich ganz einsam, schrecklich einsam!

Ich war mir fremd

Ich konsumierte Unmengen. Meine Leistung bei der Arbeit war mangelhaft. Doch im Nebenerwerb war ich ein kleiner Geschäftsmann. Abnehmer gab es genügend. Cannabis war ja beinahe legal geworden. Drogen waren mein ganzes Leben. Die Schule und später die Lehrstelle waren mir egal. Plötzlich hatte ich Angst. Ich hatte Halluzinationen, glaubte, jeder auf der Strasse könne durch mich hindurchsehen. Ich war mir sicher: Die wissen meine ganze Geschichte. Die wissen alles. Ich sah Menschen mit langen Strahlenaugen. Es war grausam. Aber ich machte weiter. Ich konnte nicht stoppen. Ich wollte auch nicht. Natürlich sprachen wir in der Klicke auch darüber, dass Drogen nicht gut sind. Wir wussten es alle. Aber es war uns egal. Haschern ist sowieso alles egal. Sie verlieren den Bezug zur Realität. Ich wusste nicht, wer ich war. Ich war mir fremd. Das Leben war ein Traum. Ich lebte einfach so von Ereignis zu Ereignis.

Die Heilung

Am Donnerstag vor Ostern 1998 lag ich völlig apathisch auf meinem Bett. Ich reagierte nicht, wenn man mit mir sprach. Die Eltern fuhren mit mir in die Klinik. Ich bekam Medikamente, sollte eigentlich in die Psychiatrische Abteilung eintreten, wollte aber nicht. Meine Eltern nahmen mich mit nach Hause. Mir ging es mies. Ich lag da, ohne die Welt um mich herum richtig wahrzunehmen.

Es muss grausam gewesen sein für meine Eltern, mich in diesem wahnsinnigen Zustand zu sehen. Ich bat sie, mir all meinen Mist zu vergeben. Was sollten sie mir glauben? Was sollten sie tun? Sie waren überfordert. Ein wahnsinniger Sohn im Zimmer, der um Vergebung bittet! Mein Vater betete laut. Ich hörte seine Stimme: Hebräisch? Es klang für mich wie Hebräisch. Seine Stimme wirkte beruhigend. Der Kampf näherte sich dem Ende. Wie lange er gedauert hat, weiss ich nicht. Zu wirr war mein Verstand. Ruhe erfüllte das Schlafzimmer. Eine unbeschreibbare Ruhe und Geborgenheit. Ich wusste: «Nun beginnt etwas ganz Neues. Alles wird wieder gut.» Mir war klar, dass ich keine Drogen mehr konsumieren würde. Ich wusste, nun wird sich alles ändern. Am nächsten Tag war die Gewohnheit dann doch zu gross. Ich zog an meinem Joint. Er schmeckte fürchterlich. Mir war ganz übel. Das war's. Es war vorbei. Gott hatte gesiegt! Später habe ich es noch zwei Mal probiert -- fürchterlich! Es ist definitiv vorbei. Drogen gehören nicht mehr zu mir. Mein Leben hat neu begonnen.

Gott war da

Jesus wurde mir immer wichtiger. Ich hatte viele Gespräche mit unserem Jugendbetreuer der Kirchgemeinde. Zwei bis drei mal in der Woche spazierten wir gemeinsam Wiesen, Wäldern und Feldern entlang. Manchmal sprachen wir, oft schwiegen wir. Ich kann mich kaum noch erinnern. Ich wusste einfach, dass alles gut kommen wird. Dann begann ich immer mehr zu lesen. Lesen hatte nicht die unerträglichen Reize, wie TV und Radio. Ich wollte herausfinden, wer ich war. Ich wollte meinen Charakter kennen lernen. Ich las Typographien und psychologische Bücher. Ich las viel in der Bibel. Die meisten Geschichten kannte ich ja schon. Aber für mich waren sie wie Märchen. Geschichten, die nichts mit meinem Leben zu tun hatten.
Doch nun begann die Bibel an mir zu arbeiten. Ich erkannte Grundsätze und Prinzipien, die mit dem Leben sehr wohl etwas zu tun haben. Es wurde mir immer mehr bewusst, wie Gott mich in der ganzen Zeit nicht losgelassen hatte. Er war da. Der ruhige Punkt im Wirbel meines Lebens war Gottes Gegenwart. Nun begann ich auf seine Liebe zu reagieren. Seine Worte in der Bibel wurden immer lebendiger. Gott redete mit mir!

Ich erlebe immer wieder, wie Gott an mir wirkt. Wie er mich Schritte vorwärts bringt. Am Anfang waren es oft nur kleine Schritte, manchmal gab’s einen zurück. Aber dennoch: Mein Leben ist wie ein wahrgewordener Traum. Jesus hat mein Leben völlig verändert. Ich musste auch selber einiges in Ordnung bringen: Geld zurück bringen in den Laden usw. Das waren keine einfachen, aber gute Erfahrungen. Vieles kann ich nie mehr gut machen. Da muss ich ganz aus der Vergebung leben. Jesus hat mir all meinen ‘Mist’ vergeben, dafür bin ich ihm sehr dankbar. Kontakte zu meinen früheren Kollegen habe ich nur wenige. Viele hielten mich für verrückt. Sie dachten, ich sei übergeschnappt. Aber einige gute Gespräche hatte ich dennoch. Es ist mir ein grosses Anliegen, dass die Menschen um mich herum Gott auch so genial erfahren können.

Datum: 16.03.2004
Autor: Hans Ueli Beereuter
Quelle: Bordzeitung - Texte zum Leben

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