Die R&B- und Gospel-Sängerin Patti LaBelle hatte auf ihrem Weg mit einigen Widerständen zu kämpfen. Einmal verlor sie vorübergehend ihre Stimme. Doch viel einschneidender: Sie musste früh von allen drei Schwestern Abschied nehmen.
«Meine Freunde waren meine Tanten und die älteren Leute,
mit denen ich zusammenlebte», erinnert sich Patti LaBelle.
«Ich war einfach sehr schüchtern und hatte immer Angst, mich mitzuteilen.» Gleichzeitig liebte sie das Singen. Schon in jungen
Jahren nahm sie den Besen und tat so, als wäre er ein Mikrofon, um vor dem
Spiegel zu singen.
«Wir haben die Kirche zum Beben gebracht»
Bald wurde sie von der Chorleiterin gefragt, ob sie
nicht die Lead-Sängerin werden könnte. «Ich war wie versteinert und sagte: 'Ich
glaube nicht, dass ich das tun kann.'» Schliesslich sang sie mit dem Sohn der Leiterin ein
Duett. «Es hiess 'God Specializes' und wir haben die Kirche zum Beben gebracht.»
Besonders erfreut waren ihre Eltern. «Endlich diese
Stimme aus diesem kleinen schüchternen Mädchen herauszuholen, machte sie sehr glücklich.»Patti sang nun jeden Sonntag in der Kirche. Zusammen
mit anderen Mädchen gründete sie die Gruppe «Ordettes», die wachsende
Aufmerksamkeit erlangte und durch die USA tourte. Stets von besonderer Wichtigkeit war ihr Glaube. «Viele
Gebete haben mir geholfen, die nicht mehr ganz so ängstliche Patti LaBelle zu
werden.»
Plötzlich keine (schöne) Stimme mehr
Doch zwischenzeitlich verlor sie ihre Stimme. «Ich
verlor sie, doch alle um mich herum spielten die Sache nur herunter. Sie sagten Dinge wie 'Nein, Patti, du klingst grossartig.' Doch ich wusste, dass es nicht so war. Ich klang wie ein Schaf in den Wehen. Es war so furchtbar, dass ich betete, dass das Publikum keine Orangen nach mir werfen würde.» Wie ein Zombie sei sie in dieser Zeit auf der Bühne gestanden.
Am nächsten Tag war sie zu Gast in verschiedenen
Radiosendungen in der entsprechenden Stadt. In einer wurde ihr gesagt: «Wir
beten für Patti LaBelle.» Das ermutigte die junge Sängerin: «Die Leute glaubten so sehr an
mich. Und das gab mir den Glauben und den Mut, einfach weiterzumachen. Ich sang, egal wie schlecht sich meine Stimme anfühlte. Und wissen Sie was? Durch die Gnade Gottes kam
sie stärker zurück als je zuvor.»
Zeit ist kostbar
Bei allen Schwestern von Patti wurde irgendwann einmal
Krebs diagnostiziert. Da sie viel auf Tournee war, blieb für das Pflegen der Familienbeziehungen oft wenig Zeit. Folgendes Erlebnis führte ihr dies schmerzhaft vor Augen: «In meiner Familie konnte
niemand so gut kochen wie ich. Ich machte die besten Schinken-Eier-Sandwiches
mit Buttertoast. Und als ich von irgendwo zurückkam, lag meine Schwester Jackie
im Krankenhaus. Sie wollte ein Eiersandwich. Doch ich war gerade erst von einer Tour zurückgekommen und war zu müde, die kurze Strecke ins Spital auf mich zu nehmen. Ich sagte: 'Oh,
Schatz, ich
bin so müde. Ich bringe es morgen mit.»
Doch am nächsten Morgen sagte ihre Tante: «Süsse,
du musst dich nicht mehr beeilen mit dem Sandwich. Deine Schwester ist gerade gestorben.»
Auch wenn die Tante ihr keine Vorwürfe machte, konnte sich Patti LaBelle die egoistische Absage mit dem Schinken-Eier-Sandwich fast nicht vergeben: «Ich war egoistisch. Das hat mich natürlich lange begleitet.
Dann wurde bei meiner anderen Schwester, bei Barbara, Krebs diagnostiziert. Und
später bei meiner weiteren Schwester Vivian. Ich stehe immer noch da und
frage mich, warum. Bevor sie fünfundvierzig Jahre alt wurden,
starben sie alle.»
«Werde ich bleiben?»
Inzwischen sind auch die Eltern und weitere Verwandte gestorben. Sie vermisse ihre Schwestern und das Familienleben sehr, sagt Patti LaBelle. Doch der Glaube habe sie durchgetragen. «Jedes Jahr
nach meinem fünfzigsten Lebensjahr habe ich mich gefragt: 'Werde ich in einem Jahr noch da
sein?' Und ich frage mich jeden Tag, wie lange ich noch bleiben werde.»
Heute ist sie 77 Jahre alt. Ihr Glaube ist immer noch stark. «Ich bekomme immer noch die Chance, bei Shows wie 'Dancing with the Stars’
aufzutreten.» So habe sie vielen Frauen Hoffnung geben können, auch im hohen Alter noch etwas zu wagen. «Ich weiss,
dass ich heute mehr Möglichkeiten habe als mit 40 Jahren. Auf dem
Weg zu deinem Ziel magst du auf viele Hindernisse stossen, aber lass dich nicht
entmutigen – gib niemals auf!»
Hören Sie sich hier ein Lied von Patti LaBelle an: