Eintracht Frankfurt

So entstand der Bibelkreis

Jens Rasiejewski
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Vers
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Wenn man nur auf die Karte Fussball setzt und dann plötzlich ganz alleine dasteht, ist man froh, wenn man dieses "Erfolgs-Denken um jeden Preis" ablegen kann. Während drei Jahren spielte Jens Rasiejwski für die Eintracht Frankfurt. Dort war er Mitbegründer des Eintracht-Bibelkreises.

Rasiejewski erzählt: «Im Winter 2000 hatte es mit immer grösseren Schmerzen im Knie angefangen. "Das wird eine lange Pause für sie geben", hat mir der Arzt damals gesagt. Da steht man dann da, und es ist, als ob einem genau in diesem Moment ein schwerer Rucksack aufgesetzt wird. Damit muss man nun zurechtkommen, ob man will oder nicht. Ich musste mich damals schnell entscheiden, wie ich damit umgehen würde, schliesslich liebe ich meinen Beruf. Also gab es zwei Möglichkeiten: Entweder ich würde frustriert zu Hause vor dem Fernseher sitzen, während meine Jungs um Punkte kämpften, oder ich würde die Zeit der Reha positiv angehen und es annehmen, dass Gott mir diese Zeit der Ruhe verordnet hat. Auch wenn er mir die Frage "Warum?" (vorerst) nicht beantworten wird. Ich habe die zweite Möglichkeit gewählt. In der Bibel gibt es einen Vers, der mir dabei Mut gemacht hat, diese Last nicht selbst zu tragen, sondern sie bei Gott abzugeben: "Wir wissen aber, dass denen, die Gott lieben „Alle!“ Dinge zum Besten dienen." (Röm. 8,28). Also auch meine Verletzung. Wenn ich Gott beim Wort nehme, "dient" sie mir zum Besten. Ich muss mich bewusst dafür entscheiden, ihm auch in einer schwierigen Situation zu vertrauen, dass er es gut macht - egal wie. Wenn ich genau das begriffen habe, entsteht für mich aus dieser anfänglichen schweren Last eine Chance. Die Chance, zu wachsen - als Mensch und auch in meiner Beziehung zu Gott.

Was kommt nach dem Fussball?

Heute bin ich froh, dass ich diese Zeit mit Gottes Hilfe durchgestanden habe - und die nächste Last oder Chance kommt bestimmt. Zum Beispiel die Frage, was nach dem Fussball kommt. Das kann in unsrem Geschäft sehr schnell und unerwartet passieren. Damals, nach meinen beiden Abstiegen in Folge, war ich in einer solchen Situation. Da interessiert sich auf einmal kein Schwein mehr für das "hoffnungsvolle Talent". Klar, wenn man 2 Jahre lang praktisch nur verloren hat. Und genau in solchen Phasen ist es ungeheuer wichtig zu wissen, auf welchem Fundament man sein Leben gebaut hat.

Wenn man nur auf die Karte Fussball gesetzt hat, steht man dann plötzlich ganz alleine da. Ich bin froh, dass ich dieses "Erfolgs-Denken um jeden Preis" von Jahr zu Jahr immer mehr ablegen konnte. "Erfolg" ist so etwas Relatives. Es ist nicht richtig greifbar, denn kaum hast du einmal eine Loser-Zeit, scheinen alle vorigen Erfolge auf urplötzlich vergessen. Warum also sollte ich mein Leben auf den Erfolg gründen? Man liest in der Zeitung immer wieder von Menschen, die zig Millionen auf dem Konto hatten und sich trotzdem erschossen, weil sie einfach todunglücklich waren. Das Leben hat eindeutig mehr zu bieten als nur Erfolg. Mir persönlich sind Beziehungen sehr wichtig. Mit guten Freunden zusammenzusitzen und Spass zu haben. Gemeinsam Musik zu machen, zu essen und über Gott und die Welt zu quatschen. Da kann ich richtig zum Geniesser werden. Übrigens passt diese Beschreibung auch ganz gut auf unseren Sportlerbibelkreis bei der Eintracht.

Das Fangeschenk

So richtig angefangen hat das alles mit einer ziemlich unscheinbaren Frau, die inzwischen jeder aus unserer Mannschaft kennt. Sie steht nun schon seit Jahren immer wieder am Trainingsplatz und schaut uns bei der Arbeit zu. "Edelfan" würde man zu so Jemandem sagen, der schon beinahe zum Inventar gehört. Doch eines Tages hat sie mich wirklich überrascht. Ich war nach einem Spiel gerade auf dem Weg zu meinem Auto, als sie sich plötzlich vor mir aufbaute und ganz stolz verkündete, dass sie ein Geschenk für mich habe. Wir bekommen von Fans oft irgendwelche Glücksbringer und Ähnliches geschenkt, aber dieses Geschenk sollte etwas ganz Anderes sein. Sie sagte mir, dass es eine Bibel sei, wünschte mir Glück und verschwand mit einem breiten Grinsen im Gesicht.

Es gibt Momente im Leben, die sind einfach merkwürdig. Obwohl ich die Bibel nicht las, sondern zu Hause nur irgendwo verstaute, wusste ich in diesem Moment, dass es damit etwas ganz Besonderes auf sich haben sollte. Aber andere Dinge waren erst mal wichtiger, wir standen mit der Eintracht mitten im Abstiegskampf, und ein grosser Bibelleser war ich sowieso nie gewesen. Gott hat jedoch viel Zeit. Ich glaube, er verbringt den meisten Teil seines Lebens mit Helfen und Warten. Und ich glaube auch, dass es bei jedem Menschen seine ganz eigene Zeit braucht, bis er für bestimmte Dinge reif ist. Und so dauerte es auch eine ganze Weile, bis ich mich eines Tages wieder an diese Bibel erinnerte. Es war an einem Abend, an dem ich nichts Besonderes vor hatte. Meine Freundin Kerstin war gerade unterwegs, und so sass ich zu Hause, hatte keinen Bock auf Fernsehen und auch sonst nichts Besseres vor.

Frankfurts Singabteilung

Irgendwie muss mein Blick auf dieses ungewöhnliche Geschenk gefallen sein, und so nahm ich sie zum ersten Mal genauer unter die Lupe. Es war eine Sportlerbibel. Etwas, das ich bis dato auch noch nie gehört hatte. Es muss für manchen klingen, als ob Gott extra ein Kapitel für die Sportler geschrieben hätte :. "Lebensberichte von internationalen Spitzensportlern" hiess es in der Beschreibung. Es war also ein Neues Testament mit zusätzlichen persönlichen Geschichten verschiedener Sportler, wie Michael Chang, Bernhard Langer, Karl Friesen, usw. Als ich das Buch aufschlug, grinste mir schon von der ersten Seite ausgerechnet unser Torhüter Dirk Heinen entgegen. Ich wusste bereits, dass er auch gläubig war, aber seine persönliche Geschichte kannte ich bis dato nicht. Einige Stunden blätterte ich durch das Buch, und je länger ich darin stöberte, desto mehr fiel mir auf, wieviel interessante Dinge es in der Bibel zu entdecken gibt, wenn man sich etwas Zeit dafür nimmt.

Ein paar Monate später haben Dirk und ich einen Bibelkreis für Sportler gegründet und dabei festgestellt, wie gross doch bei Sportlern das Interesse an der Bibel sein kann, wenn man sich einmal "outet". Immer abwechselnd luden wir von da an zu diesen Abenden bei uns zu Hause ein. Natürlich wurde erst `mal richtig gegessen, und man kam sich nicht vor wie bei einem Bibelkreis, sondern eher wie bei einer Party. Es kamen einige Basketballer von der Eintracht, Eishockeyspieler und einige Jungs aus der Mannschaft, wie unser Koreaner Tae Sim samt Frau und Dolmetscher, der Nigerianer Stephen Famewo, Alex Rosen und Daniel Bradasch usw. Überhaupt ging es bei unsren Treffen immer sehr international zu. Da Sim`s deutsch nicht ganz so gut ist, beschränkten wir uns, wenn sein Dolmetscher nicht kommen konnte, manchmal auch nur aufs Musizieren. Sims Frau am Klavier, Dirk Heinen am Schlagzeug und der Rest mit Gitarre und Liederbüchern bewaffnet beim Singen. Gut, dass wir so kulante Nachbarn haben.

„Zu gerne wüsste ich, was Gott über mich denkt“

Das Tolle an diesen Abenden ist, dass man dabei so viele verschiedene Geschichten über Gott zu hören bekommt. Nicht nur aus der Bibel, sondern auch aus den Erzählungen mancher Teilnehmer. Und dabei geht es nicht um irgendwelche Wunder-Geschichten mit Gott, sondern um Erlebnisse aus dem Alltag. Hartnäckige Verletzungen, die einem zu schaffen machen, die Warterei auf der Ersatzbank oder einfach irgendwelcher Ärger, den man gerade hat. Interessant, wie manche damit umgehen, und wie sie dabei Gott in all diese Dinge mit einbeziehen. Und das ist manchmal gar nicht einfach, vor allem dann, wenn man einen dicken Hals hat und sich zu Tode ärgern könnte. Im alten Testament wird von König Saul erzählt, der sich beinahe zu Tode ärgerte, da er immer sehr jähzornig war. David hat ihn damals immer mit den sanften Klängen seiner Harfe beruhigt. Wenn ich heute auf unserer Couch zu Hause mit meiner Gitarre da sitze und stundenlang vor mich hinzupfe, kann ich das gut verstehen. Es gibt für mich nichts Schöneres, als so zur Ruhe zu finden, einmal ganz weit weg vom Fussball und dem ständigen Erfolgsdruck zu sein. In dieser anderen Welt denke ich dann nur über das Leben nach, träume vor mich hin und lausche den wundervollen Tönen dieses Instruments. In solchen Momenten glaube ich, dass Gott mich sieht. Wahrscheinlich grinst er dabei heimlich, wenn ich mal wieder mit dem Barré kämpfe, und zu gerne wüsste ich, was er dann über mich denkt. Vielleicht hofft er ja, dass aus dem verbissenen Fussballer von einst, eines Tages noch ein echter Romantiker wird.»

Rasiejwski Stationen:
1994/95: FSV Frankfurt (2. Bundesliga).
1998/99: Hannover 96 (2. Bundesliga).
1999/00 – 2001/02: Eintracht Frankfurt (1 Saison 1. Bundesliga, 2 Saisons 2.)
2002/03: FC St. Pauli (2. Bundesliga)
2003/04: VfB Stuttgart A (Regionalliga Süd)

Quelle: www.fussball-gott.com

Datum: 29.08.2003

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