«Ich verachtete mein Leben»
Jahrelang herrschte dieser letzte Satz über mir: "Ich darf nicht leben." - Ich, die man vergisst, auf die Seite stellt, ignoriert, mit Essen abfertigt. Ich, die schuldig ist, dass man sich an mir vergeht. Ich, die als Gegenstand gebraucht, missbraucht wird. Ich, die ich als abstossend, schmutzig, dick, hässlich und hoffnungslos abgestempelt bin. Ich, die sich von Traurigkeit und Sucht umspinnen lässt. Ich darf nicht leben, denn ich bin unwürdig.
Behutsames Entwirren
Das nahm mich gefangen. Ich wusste, ich darf mit diesen Gedanken nicht weitermachen. Die Rosenknospe war fest umsponnen. Doch mit zarten geduldigen Händen wurde der Faden langsam abgewickelt. Immer mehr kam zum Vorschein, und das schmerzte. Es verursachte auch Abwehr, Panik und Resignation. Aber kontinuierlich wurde der Faden weiter entwirrt. Immer wieder wollte ich in diesem vertrauten Alten gefangen bleiben und in diesem Satz "Du darfst nicht leben" weiter absterben. Für mich gibt es ja sowieso keine Freiheit, kein Leben.
Die Knospen waren geschlossenen, aber wenn man genau hinschaute, merkte man ein erstes Aufbrechen und Sich-Entfalten. Das wurde im Lauf der Zeit stärker, und seit längerer Zeit darf ich merken, dass ich wichtig, geachtet und geliebt bin und würdevoll gebraucht werde. Ich muss nicht weiter hinter meinem Panzer kauern, sondern ich darf leben - trotz allem. Welch ein befreiendes Gefühl ist das! "Zur Freiheit hat uns Christus berufen."*
Die Gefühle, die jahrelang immer die gleichen waren, werden langsam und mit viel Geduld umgewandelt. Und das wegen Jesus. Ich darf leben, darf weitergehen, darf wachsen!
* Die Bibel, Galater, Kapitel 5, Vers 1a
Autorin: U. L.
Bearbeitung: Livenet.ch
Datum: 05.05.2008
Quelle: Stiftung für Ganzheitliche Medizin
