Sinnlose Gewalt

„Jugendliche sollten nicht mit ihrem Leben spielen“

Der Kenianer Gleam Joel erlebte Gewalt und war selbst gewalttätig. Nun aber bekämpft er sie mit guten Mitteln und gibt Jugendlichen neue Perspektiven. Der Rapper kennt die Szene und weiss: Nicht nur im New Yorker Ghetto besteht Handlungsbedarf, sondern auch in der Schweiz.
Gleam Joel.
Jugendliche sollten nicht
Jugendgewalt

Am Samstag 11. August 2007 spielt sich an der Zürcher Streetparade eine dramatische Szene ab. Alejandro, ein Lehrling aus Baden, ist mit seiner Freundin unterwegs, als sie ein Unbekannter anfasst. Darauf gerät der 18-jährige Aargauer in eine Auseinandersetzung mit dem Täter und wird mit einem Stich in die Brust verletzt. Kurz darauf, noch am selben Abend, stirbt er.

Sinnlose Gewalt

Rapper Gleam Joel, auch aus Baden, kannte Alejandro. Er war an einem Video-Dreh zu einem Song dabei. Fast wie eine Prophezeiung heisst der Titel des Liedes: „Life ist short“. „Der Junge hatte soviel Power. Er war mega cool, voll der Hip-Hopper“, erinnert sich der Musiker und ergänzt „sein Tod hat mich wirklich getroffen.“ Der Junge hätte das Potenzial gehabt, an seinem Land auf positive Art mitzubauen. Doch nun sei er gestorben, bloss wegen einer Kleinigkeit. Damit nicht genug: „Mit hundertprozentiger Sicherheit kann ich sagen, dass es eine blutige Szene geben wird, wenn Alejandros Kollegen auf seinen Mörder treffen.“ Einer davon habe schon erzählt: „Wenn man ihn nicht verhaftet, wird er nicht lange am Leben bleiben.“

Ausweg gefunden

Die aggressiven Früchte der Gewalt wuchsen auch in Gleam Joels Leben. Als er im Teenie-Alter noch in Afrika lebte, war er selbst Teil einer Gang, geriet in Schlägereien und verbrachte seine Zeit in einem gefährlichen Umfeld. „Viel Blut, viel Schmerz, viel Dunkelheit“, erinnert er sich. Genützt hat es ihm nicht, im Gegenteil: „Nachher musst du bezahlen, vielleicht mit einem gebrochenen Fuss, mit Gefängnis oder mit einem schlechten Gewissen.“ Doch eine Umkehr ist möglich, wie seine Laufbahn beweist: Bei ihm war es der christliche Glaube, der ihn von der schiefen Bahn holte. Der Glaube an Gott habe ihm eine neue Perspektive gegeben und zum ersten Mal im Leben habe er keine Wut, Angst und keinen Hass mehr empfunden. Heute ist der 28-Jährige überzeugt: „Jugendliche sollten nicht mit ihrem Leben spielen.“

Rapper im Einsatz

Jetzt verspürt Gleam Joel das Bedürfnis, selbst etwas gegen Perspektivenlosigkeit und Jugendgewalt zu unternehmen. Nachdem er schon Strassenarbeit im Zürcher Kreis 4 leistete, gewann er den Social Price 2002 und baute eine Rappschule auf. Mittlerweile leitet er im Badener Gleam Center eine Jugendkirche und Talentschule und startet 2008 das Projekt „Licht in der Schule“. Gleam will die Fähigkeiten junger Menschen fördern, so dass sie positiven Einfluss auf ihre Umwelt nehmen können. Damit gehört der Rapper noch zu den wenigen Ausnahmen, denn gerade in der Hip Hop-Szene gebe es viele negative Vorbilder, wie etwa Skandalrapper Snoop Dogg: „Solche bekommen viel Macht, wissen aber nicht, wie damit umgehen.“ Diesen Stars gehe es nur ums gute Geschäft. Auf Jugendliche in der Pubertät hätten sie aber besonders Einfluss, da das Fernsehen zeige: „Ich bin ein Rebell und werde sogar dafür bezahlt.“

Gewalt im Vormarsch

„Wenn wir glauben, die Situation bei uns sei noch nicht wie in New York, wird die Gewalt weiter wachsen“, warnt der Szene-Kenner vor der Verharmlosung. Er selbst treffe immer wieder auf verschiedene Gangs, die einander bekriegen würden. Man höre nur nicht so viel davon, weil sie gut organisiert seien und Stillschweigen bewahrten. Es gebe aber nicht nur Ausländer, welche gelernt hätten, sich mit der Faust zu äussern. Viele, auch Schweizer, würden ebenso mit Worten verletzen – in diesem Sinne gewalttätig seien sogar ungefähr 80% aller Jugendlichen.

Lösungen suchen

Nun fordert Gleam Joel auf zu handeln: „Jugendliche sollen nicht nur den Umgang mit dem Computer beherrschen, sondern auch auf menschlicher Ebene dazulernen. Wenn das Zuhause nicht geschieht, müssen das Schule, Kirche oder Jugendarbeit übernehmen.“ Der Nachwuchs müsse wissen, an wen er sich etwa bei Misserfolgen wenden könne. Ihr eigenes Netzwerk funktioniere zwar, doch die Jungen besässen nicht genug Weisheit und Erfahrung, um sich immer gegenseitig zu helfen. Erst aber müssten die Erwachsenen die Wurzel bekämpfen und umdenken. Wenn etwa die erste Generation schon als 12-Jährige bis 24.00 Uhr weggehen durfte, verwundere es nicht, wenn die Zweite erst um 3.00 Uhr zurückkehre. Gleam appelliert, zu alten, aber bewährten Werten und Prinzipien zurückzukehren: „Wenn man da investiert, wird das Positive zunehmen.“

Aus der soeben erschienen Informationsbroschüre „Wir lassen nur unseren Frust ab! – Ausweg aus der Jugendgewalt“ der Christlichen Polizei-Vereinigung CPV, 2007

Datum: 17.12.2007
Autor: Monika Breidert
Quelle: Jesus.ch

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