Johnny Cash

Glaube, Hoffnung, Liebe … und Musik

„Johnny Cash? War das nicht der Country-Musiker?“ Ja, Johnny Cash war auch Country-Musiker. Und doch fällt es schwer, die „richtige“ Kategorie zu finden, in die der amerikanische Star hineinpassen würde. Denn kaum eine gängige Beschreibung würde dem Menschen, Künstler und Christen Cash gerecht werden.
Johnny Cash im Juni 1994.
Ein Bild aus früheren Tagen.
Plattencover
Johnny Cash mit June Carter Cash, seiner Ehefrau.

Denn kaum eine gängige Beschreibung würde dem Menschen, Künstler und Christen Cash gerecht werden. Denn Johnny Cash, der 2003 starb und dessen Leben kürzlich verfilmt wurde, war mehr als ein Country-Musiker. Er erlebte Popularität und Niedergang, eine zerbrochene Ehe und die grosse Liebe, Sucht und Enthaltsamkeit. Und immer wieder erlebte er einen Gott, der ihn trotz aller Höhen und Tiefen und biografischer Brüche liebte und ihm neuen Mut gab.

Der Poet der kleinen Leute

Johnny Cashs Karriere begann 1954 in Memphis, Tennessee, wo er für "Sun Records" erste Aufnahmen machte. Bei "Sun" spielten mehrere junge Musiker - der bekannteste von ihnen Elvis Presley - eine neue, aufregende Musik, die bald überall als Rock'n'Roll bekannt werden sollte. In den Songs zeigte der Sänger mit dem herben Bariton seine bemerkenswerte lyrische Begabung.

Sie erzählten Geschichten von Menschen, die unterwegs waren, vom Alltag und den Träumen der einfachen Leute und der oft enttäuschten Sehnsucht nach der einen, wahren Liebe. In "Big River", einer von Cashs frühen Hits, folgt ein Mann einer Frau den ganzen Mississippi herunter, nur um zu erkennen, dass sie den Fluss mehr liebt als ihn. "Get Rhythm" beschreibt die Begegnung mit einem Schuhputzer im Süden der USA und dessen Ansichten vom Leben.

Immer wieder sang Cash auch von Menschen am Rande der Gesellschaft. "The Ballad of Ira Hayes" erzählte die wahre Geschichte eines Indianers, der im 2. Weltkrieg für die USA kämpfte, um dann doch vergessen als Alkoholiker zu enden. Der Song wurde von vielen Radiosendern boykottiert.

Menschliche Schuld und göttliche Erlösung

Johnny Cash spielte vor Gefangenen im berüchtigten Knast von San Quentin ebenso wie im Weissen Haus in Washington. Wo er beim Establishment aneckte, verschaffte er sich den Respekt der jungen Generation, die sein soziales Engagement honorierte. Cash ermunterte Musiker wie Bob Dylan und arbeitete mit Bands wie U2 zusammen. Im Stück "The Wanderer" auf dem Album von U2 "Zooropa" sinnt er über die menschliche Existenz nach.

Die neunziger Jahre schliesslich brachten für den Star ein unerwartetes Comeback: Auf den Alben von "American Recordings" singt Cash in traditionellen Balladen und neu interpretierten Pop-Songs von Themen, die sich wie ein roter Faden durch sein Leben zogen: Menschliche Schuld und göttliche Erlösung. Die brüchige Stimme des gealterten Musikers verleiht den Aufnahmen eine elektrisierende, tief bewegende Authentizität: Hier hört man einen Mann, der durchlebt hat, wovon er singt!

Der Mann mit den zwei Gesichtern

Johnny Cash war ein Mensch, der sich seiner Fehler nur allzu bewusst war. Das freundliche menschliche Wesen seiner Mutter gehörte ebenso zu seinem Erbe wie die harten launischen Züge seines Vaters. "Manchmal bin ich zwei Personen: Johnny ist der Nette, und Cash macht all den Ärger. Sie kämpfen miteinander!", bekannte er einmal. Immer wieder kämpfte er mit der Sucht nach Aufputschmitteln und Alkohol, die er gebraucht hatte, um die endlosen Tourneen durchzuhalten.

Die Ehe mit seiner Frau Vivian zerbrach, weil sie nicht viel mit dem Starrummel anfangen konnte und Cash meistens unterwegs war, statt sich um seine Frau und die Kinder zu kümmern. Cash verletzte andere durch sein zunehmend launisches Verhalten und schadete sich selbst. Konzerte wurden abgesagt, da er nicht in der Lage war, zu spielen.

Ende der 60er Jahre fand der sensible Künstler in der Sängerin June Carter neuen Halt, seine Seelenverwandte und die grosse Liebe seines Lebens. Doch der Kampf mit der "Bestie in mir" ging weiter und führte ihn bis an den Rand des Selbstmords. Er schreibt es dem Eingreifen Gottes zu, dass er diesen Kampf nicht verlor: "Ich spürte diese grosse tröstende Gegenwart, die sagte: ‚Nein, du wirst nicht sterben. Es gibt noch Aufgaben für dich!' Also stand ich wieder auf."

Der Fels seines Lebens

Johnny Cash war Christ geworden. "Gott hat seine Hand auf dir, mein Sohn." Mit diesen Worten hatte die tiefgläubige Carrie Cash einst ihren Sohn irgendwo im ländlichen Arkansas im Süden der USA ermutigt, sein musikalisches Talent als göttliche Gabe zu gebrauchen. Sie und sein älterer Bruder Jack waren die beiden Menschen, die Cash früh dazu brachten, sich mit Gott auseinanderzusetzen und ein Leben mit Jesus zu beginnen. Jacks früher Unfalltod, an dem ihm sein Vater die Mitschuld gab, war ein bleibendes Trauma für den Jungen.

Der Glaube an Jesus liess den introvertierten, zerbrechlichen Menschen hinter dem rauen Image des Stars nie los. Dieser Glaube mochte in den Jahren seiner Sucht an Bedeutung verloren haben - doch nur, um neu entfacht zu werden, als er von seiner Sucht frei wurde. Cash sprach von seinen Erfahrungen und Gottes Treue auf Evangelisationen von Billy Graham, mit dem ihn eine tiefe, lebenslange Freundschaft verband. Musikerkollegen wie Bono von U2 faszinierte die unaufdringliche Natürlichkeit, mit der sich Johnny Cash zu seinem Glauben bekannte.

„Held des Glaubens“

Sein Produzent Rick Rubin erzählte, wie der Sänger vor einem Essen die Anwesenden bat, sich an den Händen zu halten, dann betete und aus der Bibel vorlas: „Ich weiss, dass einige dieser Leute so etwas nie erlebt hatten. Manche von ihnen waren sogar Atheisten. Doch seine Überzeugung von dem, was er glaubte, war so stark, dass es nicht viel ausmachte, was du selber glaubtest ... Es war wirklich schön.“ Die American Recordings, die Johnny Cash an seinem Lebensabend aufnahm, enthalten einige der bewegendsten musikalischen Zeugnisse dieses Glaubens. In „Like a Soldier“ besingt Cash die Stürme seines Lebens, Gottes Eingreifen und sein eigenes Erwachen:

"Doch die wilde Strasse, der ich entlangzog, rief mich immer wieder, und man sagte, ich hätte schon hundertmal tot sein können. Dann griffst du herab und berührtest mich, und richtetest mich mit dir auf. Also glaube ich, dass es die Strasse war, auf der ich wirklich gehen sollte."

Johnny Cash - eher ein moderner Simson als ein Heiliger zum Vorzeigen. Doch auch diese ungestüme, widersprüchliche Figur aus dem Buch der Richter zählt die Bibel zu den "Helden des Glaubens".

Autor: Stephan Weber

Datum: 21.02.2008
Quelle: Neues Leben

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