Leben in Ashram

Wir haben trotz allem viel gelacht

Pia ist eine Pionierin in Wort und Tat. In New Delhi gründete sie eine Nähwerkstatt unter Slumfrauen und arbeitete in einem christlichen Ashram als Krankenschwester 
Pia Schmid pflegt einen Patienten.

unter den Ärmsten. Sie erzählt:Es ist sieben Uhr morgens, die Patienten sitzen draussen und geniessen die noch frische Luft. Sie haben schon eine Stunde Körperübungen hinter sich, die von einem blinden ehemaligen Patienten geleitet werden. Vor allem die 27 Tuberkulose-Patienten (die Hälfte von ihnen mit offener TB) profitieren davon, weil ihre Lungenfunktion dadurch verbessert wird. Seit halb fünf Uhr sind Leute hier schon an der Arbeit und putzen, kochen Tee, verabreichen Medikamente, leeren Urinflaschen, legen bettlägerige Patienten trocken, schicken unsere Kinder in die Schule. In den letzten zehn Jahren wurde im Ashram eine faszinierende Arbeit geleistet. Kaum jemand sonst hatte den Mut, die schmutzigen, todkranken Patienten von der Straße zu holen.

Die Nähwerkstatt

In den letzten zehn Jahren wurde im Ashram eine faszinierende Arbeit geleistet. Kaum jemand sonst hatte den Mut, die schmutzigen, todkranken Patienten zu pflegen. Leider endete ein großer Teil der entlassenen Patienten wieder in Drogen oder auf der Straße. Ich möchte mehr daran arbeiten, dass die Patienten ein klares Fundament im Glauben und eine Lebensperspektive bekommen, während wir hoffentlich auch weiterhin eine Notfallstation für Destitutes (die Ärmsten der Armen, die auch keine Familie und keine Freunde mehr haben) bleiben können. 

Erfüllte Zeit

In den vergangenen zwölf Wochen war ich zusammen mit Sharlene aus Neuseeland und Lalita, einer indischen Krankenschwester, für die Klinik zuständig. Es war eine herausfordernde Zeit mit permanent 40 - 50 Patienten (plus 40 Leuten im Kids House und 30 Mitarbeitern, die fast alle ehemalige Patienten sind, insgesamt also über 120 Leuten) im Ashram und manchmal bis zu 17-Stunden-Arbeitstagen. Hitze und Feuchtigkeit können wie Blei auf den Körper wirken, aber die Arbeit für die Patienten hat mir so viel Kraft gegeben, dass ich das oft gar nicht spürte. Wenn ich auf die Zeit zurückschaue, war es eine der erfülltesten und schönsten Zeiten meines Lebens.

Wie viel hat da Gott geschenkt an tiefen, wahren Begegnungen, an Spass, erlebten Heilungen, Transformation der Menschen um mich herum, an geistlichem Wachstum und Leben, wo vorher Schmerz und Verzweiflung herrschten! Der Ashram ist ein so faszinierender Ort, weil hier «hoffnungslose» Fälle durch Liebe geheilt werden, geistig Behinderte und für die Gesellschaft wertlose Menschen Wertschätzung erfahren und ihren Platz im Leben finden.

Trotz allem viel gelacht

Trotz sichtbarer Not lachen wir hier viel. Da ist Lalla, der hier Narrenfreiheit hat, in den Meetings zu tanzen anfängt oder einfach seinen Kopf auf meine Schulter legt. – Da ist Sundar, der 10-jährige Junge mit Cerebralparese (Bewegungsstörungen aufgrund einer frühkindlichen Hirnschädigung), der in den Andachten seine schmalen Hände zum Himmel streckt und Gott vielleicht mehr lobt als all die gescheiten Erwachsenen. – Oder Pradeshi, der völlig spastisch mit angezogenen Beinen und Druckgeschwüren im Bett liegt.

Jeden Samstag wird er mit einem Gartenschlauch abgespritzt. Wenn er vom Bad zurückkommt, wollen alle hören, wie er aus voller Kehle «Hallelujah!» ruft. Vorgestern feierten wir 10 Jahre «Sewa Ashram» mit vielen ausgelassenen Spielen und speziellem Essen. Wir haben beschlossen, dies öfters zu tun, nachdem der Spieltag ein solcher Erfolg war. Wenn die Patienten von sich wegsehen, ihre Sorgen vergessen und Gemeinschaft erleben, trägt dies viel zu ihrer inneren und äusseren Heilung bei.

Datum: 02.05.2012
Autor: Pia Schmid
Quelle: Livenet / Equipped4/2009

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