Dem Mörder entkommen

„Ich sah die Hand Gottes“

Wer wagt, gewinnt – setzt aber unter Umständen sein Leben aufs Spiel. Besonders im Bürgerkriegsland Burundi.
Unterschlupf für viele: Audace und Frédence (rechts) mit ihren Angehörigen und Jugendlichen, die im Haus wohnen.
Audace Ndayisaba
Burundi
Hauptstadt Bujumbura

Im Haus von Audace Ndayisaba und seiner Frau Frédance leben nicht nur ihre sechs Kinder, die Mutter und eine Helferin, sondern auch acht weitere Personen. Sie sind wegen der Kämpfe in die Hauptstadt geflüchtet. Audace (der französische Name bedeutet ‚Kühnheit’) kennt das Los eines Flüchtlings aus eigener Erfahrung. Trotzdem wagt er es, für Versöhnung einzutreten.

Im ostafrikanischen Kleinstaat Burundi herrscht seit elf Jahren Bürgerkrieg. Machtgierige Politiker beuten das Misstrauen zwischen Hutu und Tutsi aus, das im Nachbarland Ruanda zum Völkermord führte. Verhandlungen der Regierung mit zwei Rebellengruppen haben 2003/04 zu Waffenstillstandszusagen geführt. Doch gab und gibt es immer wieder Kämpfe, wie Audace Ndayisaba an der EXPLO-Konferenz in Basel berichtete.

Christen in Burundi führten Ende 1999 mit Hilfe aus der Schweiz selbst eine EXPLO-Konferenz durch. Unter den 300 Teilnehmenden befanden sich 30 Leiter von Kirchen und Gemeinden. Eine Frucht der Konferenz war eine vierzigtägige Fasten- und Gebetszeit; die Christen rangen miteinander um Frieden und beteten für einen Neubeginn im Land.

Zum Abschluss des Millenniumsjahres 2000 wollte Audace Ndayisaba mit einem Team eine Feier durchführen. Doch es kam anders als geplant: Weil ein geeigneter Projektor in Burundi nicht aufzutreiben war, fuhr Audace ins benachbarte Ruanda, um einen auszuleihen. Auf dem Rückweg – es war am Vorabend der geplanten ‚Célébration 2000’ – wurde der Bus 30 Kilometer vor der Hauptstadt Bujumbura von Rebellen gestoppt.

„Sie raubten uns alles, auch die Kleider. Ich lag mit dem Rücken auf dem Boden. Einer der Männer richtete seinen Gewehrlauf auf mich und sagte: ‚Ich bring dich um, du Hundesohn.’ Ich blickte ihm geradewegs in die Augen und fragte ihn: ‚Warum musst du mich töten?’ Nach einigen Augenblicken versetzte er mir einen Fusstritt und rief: ‚Geh!’ Ich machte mich davon und fand zwei Frauen, die er ebenfalls freigelassen hatte.

Der Rebell trieb den Rest der Reisegruppe zusammen und begann dann auf sie zu feuern. 21 Menschen waren auf der Stelle tot, über 15 wurden verletzt. Ich gehörte zu den vieren, die ohne Verletzungen davonkamen. Nackt bis auf die Unterhose stand ich im Regen. Es war schrecklich, aber ich sah die Hand Gottes. Er erhört Gebete!“

Datum: 15.01.2005
Autor: Peter Schmid
Quelle: Livenet.ch

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