Quereinsteigerin

Von der PR-Frau zur Frau Pfarrer

PR-Beraterin Sabine Dorothee Schüz steigt um. Am 14. September startet die 53-Jährige bei QUEST, einem neu geschaffenen Studiengang ins reformierte Pfarramt.
Sabine Dorothea Schüz: «Um wirklich frei entscheiden zu können, muss ich informiert sein. Ich kann nur als Christ leben, wenn ich mich mit Jesu Leben und Wirken befasse.»

Mitte September startet der erste QUEST-Studiengang an den Theologischen Fakultäten der Universitäten Basel und Zürich. Er ermöglicht den vereinfachten theologischen Quereinstieg ins reformierte Pfarramt, und zwar für Personen, die bereits in einem anderen akademischen Beruf Fuss gefasst haben. Mit dabei sein wird Sabine Dorothee Schüz aus dem thurgauischen Kefikon. Am 14. September nimmt sie ihr erstes von sechs, optional acht, Semestern Theologie auf.

Sabine Dorothee Schüz war Kommunikationsberaterin mit Leib und Seele. Bis vor kurzem beriet die angehende Pfarrerin die Marketingabteilung einer Wiener Holding. Als stellvertretende Geschäftsleiterin eines PR-Unternehmens begleitete sie während mehr als zehn Jahren verschiedene Kunden aus der Ostschweizer und Liechtensteiner Tourismusbranche. Trotz hoher beruflicher Befriedigung spürte sie schon länger den Wunsch nach einer neuen, sinnerfüllten, beruflichen und menschlichen Herausforderung. Als Familienfrau investierte sie ihre sozialen und organisatorischen Kompetenzen in ehrenamtliche Engagements für Kindergarten, Schule und gemeinnützige Projekte. Jetzt sind die beiden Söhne erwachsen.

Erweckungserlebnis im Flugzeug

«Anfangs März stiess ich während eines Geschäftsflugs auf einen Zeitungsartikel, der mich elektrisierte», schildert die 53-Jährige ihr «kleines Erweckungserlebnis». So nennt Sabine Schüz ihren konkreten Auslöser fürs Theologiestudium. Im besagten Artikel ging es um eine gleichaltrige Managerin, die über die neue theologische Quereinsteiger-Ausbildung QUEST das Pfarramt anstrebte. Der Gedanke, selbst auch Pfarrerin zu werden, liess die PR-Frau nicht mehr los: «Zwischen Himmel und Erde bin ich von Gott in meine Entscheidung hineingeführt worden.»

Das Interesse an Gottes Wort begleitet Schüz seit der Jugendzeit, Gottes Macht hat sie in Lebenskrisen selbst erfahren. Ihr Leitsatz «Gott zeichnet auch auf krummen Wegen gerade» basiert darauf. Menschen und die Auseinandersetzung mit ihnen bedeuten ihr sehr viel. Durch Berufs- und Lebenserfahrung ist die alleinerziehende Mutter zur Lösungsmacherin gereift.

Bereichernde Erfahrungen fürs Pfarramt

«Lebenserfahrung spielt in der Theologie und in der Seelsorge eine grosse Rolle. Das Besondere an QUEST ist für mich, dass Lebenserfahrung gefragt ist.» Was bringt die Kommunikationsberaterin aus ihrem Beruf ins Pfarramt ein? Will sie mit PR-Strategie für Gott werben? Nicht im Sinne eines Verkaufsangebots. Aber sie möchte Aufmerksamkeit für Gott schaffen. Auf Augenhöhe und mit Fingerspitzengefühl. Sie möchte mit Menschen in den Dialog treten, um gemeinsam mit ihnen darüber nachzudenken, was Gottes Wort in der aktuellen Lebenssituation, im Hier und Jetzt sagen will: «Um wirklich frei entscheiden zu können, muss ich informiert sein. Ich kann nur als Christ leben, wenn ich mich mit Jesu Leben und Wirken befasse. Aus meiner Lehrtätigkeit als Gastdozentin an der Dualen Hochschule in Ravensburg weiss ich, wie wichtig es ist, dass Zuhörende mit wachem Auge und wachem Ohr folgen können.»

Auch ihr Erststudium in Kunstgeschichte mit Aufbaustudium Denkmalpflege bereichern ihr Vorwissen fürs Pfarramt.

Begleiteter Aufbruch zu Neuem

Bis es soweit ist, liegen ein vierjähriges Studium und ein Vikariatsjahr vor der Quereinsteigerin. Besonders gespannt ist die Studentin, wie die oft gewalttätigen Seiten und harten Äusserungen im Alten Testaments heute ausgelegt werden. Pfarrer Christian Herrmann aus Gachnang TG wird sie als Mentor begleiten. «Mit dem Studium nehme ich eine grosse Sache in Angriff, aber ich spüre deutlich Jesu Führung.»

Noch vor Studienbeginn wird die angehende Pfarrerin heiraten. Kurz zuvor zog sie von Konstanz nach Kefikon zu ihrem Verlobten. In dieser Kirchgemeinde fühlt sich die Deutsche bereits seit drei Jahren zu Hause. Hier wird sie künftig die Seniorenferien organisieren und begleiten: «Als Neue in der Schweiz will ich keine Zuschauerin sein, sondern mich integrieren und einbringen. Ich freue mich jetzt schon auf den Pfarrberuf, da bin ich mitten drin im Leben.»

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Datum: 11.09.2015
Autor: Brunhilde Bergman
Quelle: ideaSpektrum Schweiz

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