Kämpfer gegen das Unrecht

«Ich evangelisierte mit der Lehre Maos»

Daniel Pantoja wurde zum Rebell. Die Kirchen seiner philippinischen Heimat gingen vor dem Diktator Marcos in die Knie. Nach zehn Jahren Kampf ging Daniel ins Ausland, wo er die Kraft der Gewaltlosigkeit entdeckte. An der Täuferkonferenz MERK in Sumiswald hat Daniel Pantoja seine aufregende Geschichte Livenet erzählt:
Nach kommunistischer Agitator nach Kanada geflüchtet – als Prediger der Gewaltlosigkeit zurückgekehrt: Der Filipino Daniel Pantoja.
Alte Friedenspflichten nach 492 Jahren erneuert: 13 islamisierte und 18 andere Stämme auf Mindanao feiern ihre Verbundenheit im März 2012

Ich bin 1956 geboren und habe als Teenager erlebt, wie die Schule militarisiert wurde. 1972 verhängte Ferdinand Marcos, der unser Land diktatorisch regierte, das Kriegsrecht. In allem ging es um Kampf. Wer nicht für Marcos war, musste als Feind bekämpft werden. Ich wuchs in einer Baptistengemeinde auf und lernte viel in der Sonntagschule. Die evangelischen Kirchen unterstützten damals das Regime. Dass sie sich mit dem Unrecht im Land abfanden, empörte mich.

Mit Mao gegen Marcos

Ich rebellierte und schloss mich mit 16 der kommunistischen Jugendbewegung an. Sie gab mir Hoffnung und eine Vision. Fast zehn Jahre war ich in der Partei sehr aktiv. Ich evangelisierte nun mit der Lehre Maos! Mit neun Jahren hatte ich Jesus in mein Leben aufgenommen und wusste, dass ich in den Himmel kommen würde. Ich denke, dass ich daher keine Angst vor dem Sterben hatte, auch keine Furcht vor der Polizei.

Ausbruch aus dem Teufelskreis der Gewalt

1986 sahen ich und viele Freunde einen neuen Weg: mit der Oppositionspolitikerin Corazon Aquino Marcos gewaltlos von der Macht zu verdrängen. Die führenden Kommunisten wollten jedoch Aquino nicht stützen; die Partei spaltete sich. Nun war ich in doppelter Gefahr. Ich war mit Joji verheiratet, und wir hatten drei kleine Kinder. Zusammen verliessen wir in jenem Jahr die Philippinen und fanden Unterschlupf in Kanada.

Das Verlangen nach Gerechtigkeit, Transparenz und guter Regierungsführung führte mich von Maos Lehren weg. Doch warum richteten die – stark wachsenden – evangelischen Gemeinden in meiner Heimat kaum etwas gegen die Korruption und Gewaltbereitschaft aus? Die Frage trieb mich weiterhin um. Nach dem 11. September 2011 vertiefte sich weltweit die Kluft zwischen Christen und Muslimen, die auch in der Rebellion der islamischen Moro-Stämme auf unserer Süd-Insel Mindanao zu Tage trat.

Manko evangelischer Kirchen

In jener Zeit studierte ich Theologie an einer anglikanischen Schule. Ich befasste mich mit den Reformatoren und stiess auf die Täuferbewegung. Wer waren diese Leute in der Schweiz, Deutschland und Frankreich, die nach den Ereignissen von 1534/35 konsequent auf Gewalt verzichteten? Waren ihre Grundsätze nicht unrealistisch in einer gefallenen Welt? Musste man nicht mit allen Mitteln fürs Gute kämpfen? Als Maoist hatte ich Gewalt akzeptiert. Auch Christen in meiner Heimat taten es, auf ihre Weise: Den jungen Männern, die zu den Marines gehen wollten, gaben Gemeinden ihren Segen.

Als Versöhnungsarbeiter zurückgekehrt

Ein anderer Ansatz war notwendig. Ich erkannte die Bedeutung der täuferischen gewaltlosen Theologie des Friedens und machte sie mir zu eigen. Wir suchten in Vancouver eine Täufergemeinde, eine Gemeinschaft, die daran glaubt, und lebten in ihr. Später wurde die Gemeinde bereit, uns für Versöhnungsarbeit auszusenden – in unsere philippinische Heimat, nach Mindanao. Dies geschah 2006.

Entwaffnend gewaltlos

Im Zentrum der Friedenstheologie steht das Kreuz von Jesus Christus. Es bedeutet: Um von unserer Selbstbezogenheit frei zu werden, müssen wir sterben. Daran führt nichts vorbei: Wir müssen uns kreuzigen lassen. Doch mit Christus gekreuzigt werden – darin liegt Kraft. Denn du hast nicht mehr Angst zu leiden oder zu sterben. Du bist bereit zu sterben, aber nicht mehr willens zu töten. Darin liegt so viel Kraft – Kraft in Demut.

Gott will unser Heil (hebräisch Schalom). Schalom hat vier Dimensionen: Harmonie mit Gott, mit der Schöpfung, mit dir selbst und mit anderen Menschen. Ich habe diese vierfach verwandelnde Dynamik von Gottes Schalom im Blick auf mein Land in einer Masterarbeit in Vancouver ausgeführt. In den Philippinen konnte ich sie zum Tragen bringen – und dass sie wirkt, haben wir tatsächlich erlebt.

Datum: 11.06.2012
Autor: Peter Schmid
Quelle: Jesus.ch

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