Uwe Schlegel

Auch Umwege führen zum Ziel

Uwe Schlegel arbeitet seit 20 Jahren im Vertrieb und Management eines internationalen Konzerns in der Getränkebranche. Anhand der Geschichte vom «Verlorenen Sohn» in der Bibel macht er sich Gedanken über sein eigenes Leben.
Uwe Schlegel

Da war einer, der meinte, ganz besonders schlau zu sein. Er forderte sein ihm zustehendes Erbe und zog hinaus in die Welt. Natürlich nahm er alles mit, was sich ihm draußen in dieser Welt anbot, doch nachdem er alles ausprobiert hatte und gescheitert war, fand er sich am Boden wieder. Er kehrte reumütig in die offenen Arme seines Vaters zurück.

Das ist die Geschichte vom verlorenen Sohn aus der Bibel. Ich bin sicher, dieser  Sohn musste die Erfahrungen alle selbst machen, um zu merken: «Hoppla, hier liege ich völlig falsch!» Mich hat diese Geschichte ermuntert, einmal über mein Leben zu reflektieren. Wo stellte Gott in meinem Leben Weichen? Wie blieb er mir treu, auch als ich mich von ihm entfernte?

Weg in die Welt – weg von Gott

Meine ersten Glaubenserfahrungen mit Jesus machte ich im Alter von sieben Jahren in der Jungschar unserer Kirchengemeinde. Später folgte die Konfirmation und aktive Mitarbeit als Jugendlicher. Ich nahm an Evangelisationen teil, und aus alldem erwuchs mein erster Berufswunsch: Ich wollte Pfarrer werden. Meine Mutter intervenierte jedoch, weil sie fand, ich solle doch lieber ‘etwas Vernünftiges’ lernen, und folglich begann ich eine Lehre in der Gastronomie.

Mit siebzehn / achtzehn Jahren vergass ich allmählich Gott. Es war nicht so, als gäbe es ihn nicht mehr; ich habe ihn auch nicht verleugnet. Aber im Alltagsbetrieb blendete ich ihn einfach allmählich aus. Gott spielte keine grosse Rolle mehr; andere Dinge waren mir viel wichtiger. Ich gründete z.B. eine eigene Rockband, die den Spuren der Beatles folgte – es waren die späten 60iger Jahre!

1971 heiratete ich meine erste Frau Gisela, unsere Kinder Astrid und Thomas komplettierten unsere Familie. Alles, was mir das Leben bot, nahm ich mit, auch Dinge, die ich heute nicht mehr so tun würde. Nach sieben Jahren drohte meine Ehe daran zu zerbrechen; meine Prioritäten waren nicht mehr richtig gesetzt.

Der Weg zurück zu Gott

Eines Tages erklärte ich mich dazu bereit, mit meiner Frau in den Gottesdienst der Landeskirchlichen Gemeinschaft (freies Werk innerhalb der evangelischen Landeskirche) zu gehen. Seit unserer Ehekrise engagierte sie sich dort aktiv in der Kinderarbeit.

Sehr zaghaft begann ich wieder neu mit Gott zu leben. Mir wurde bewusst, wie weit ich mich von ihm entfernt hatte. Es gab deutliche Parallelen zum verlorenen Sohn aus der Bibel. Doch dann wurde unsere Ehe wieder heil. Ich hatte das Gefühl, Gott steht mit offenen Armen da und nimmt mich auf.

1989 kam die Wende, die Mauer fiel. Wir machten Pläne für die Zukunft: Viel reisen, Versäumtes nachholen! Die Kinder waren aus dem Haus, die Welt stand uns offen. Im Juni 1990 – noch bevor wir die andere Hälfte Deutschlands gesehen hatten - flogen wir in die USA, um dort Freunde zu besuchen, die wir zu DDR-Zeiten in Weimar kennengelernt hatten.

Eine Woche nach Rückkehr von dieser Reise wurde bei meiner Frau Krebs diagnostiziert – vermutlich unheilbar. Nach einem Jahr starb sie in Frieden und hinterliess im Krankenhaus ein beeindruckendes Zeugnis ihres Glaubens, aber auch - und ich denke, hauptsächlich - für mich.

Bei einem unserer letzten Gespräche ermutigte sie mich, nach ihrem Tod wieder zu heiraten. Ich war verwirrt und konnte mir nicht vorstellen, wie das möglich sein würde. Natürlich stellte ich mir die Frage, was aus unserer gemeinsamen Zukunft geworden war und nach dem Warum. Im Jahr zuvor waren ziemlich schnell hintereinander meine Eltern gestorben – nun war ich plötzlich ganz allein. Im Nachhinein weiss ich, dass ich in dieser Zeit Gott viel näher gekommen bin als je zuvor.

Mein Weg im Vertrauen auf Gott

Ich bat Gott um eine Frau, sagte ihm aber gleichzeitig: «Herr, wenn ich bis Ende 1991 niemand kennenlernt habe, den du nicht sicher geschickt hast, möchte ich für dich in den vollzeitlichen Dienst gehen.» Am 3. Advent 1991 lernte ich Ute kennen, und wir sind uns bis heute sicher, dass Gott uns füreinander bestimmt hat.

Im August des darauffolgenden Jahres heirateten wir, und ein Jahr später wurde unsere Tochter Annemarie geboren. Seit 16 Jahren arbeiten wir in der IVCG (Internationale Vereinigung der christlichen Geschäftsleute) – Gruppe in Jena mit und möchten gemeinsam Menschen für Jesus begeistern.

Drei Dinge sind mir besonders wichtig geworden, die ich jedem Leser mit auf den Weg geben möchte:

  1. Auf Gott vertrauen. In allen Lebenssituationen können wir uns auf ihn verlassen. Oft kommt es anders, als wir es uns wünschen, aber er hält das Beste für uns bereit.

  2. Gottes Treue ist groß. Er ist treu in seiner Liebe, auch wenn wir immer wieder weglaufen. Er ist nah und erwartet uns mit offenen Armen. Wir müssen uns nur daran festhalten.

  3. Für Gott ist nichts unmöglich. Unvorstellbare Dinge sind für ihn möglich. Gott kann viel mehr, als wir uns nur annähernd vorstellen können.

Wir erkennen oft erst viel später, wie und wo Gott in unserem Leben gewirkt hat, wie er Weichen stellte oder auch Bewahrung schenkte. Nicht alles müssen wir sofort verstehen und begreifen. Beim Verfassen dieses Textes hat sich mir deutlicher erschlossen, was Paulus  meint, wenn er sagt: «Jetzt erkenne ich nur Bruchstücke, doch einmal werde ich alles klar erkennen, so deutlich, wie Gott mich jetzt schon kennt.»  (Die Bibel, 1. Korinther, Kapitel 13, Vers 12)

Diesen Artikel hat uns «reflexionen - Themen für Menschen in Verantwortung», Magazin der IVCG (Internationale Vereinigung Christlicher Geschäftsleute) zur Verfügung gestellt.

Datum: 02.04.2012
Autor: Uwe Schlegel
Quelle: Reflexionen

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