Wie Adoption meine Perspektive zur Liebe verändert hat
Ich wünschte, ich
könnte sagen, dass die Liebe für meine Kinder mit einem Mal da war; aber ich habe
gelernt, was wahre Liebe wirklich ist – und sie hat nichts mit Gefühlen zu tun.
Vor
drei Jahren sass ich in einem schwülheissen Bus im tropischen China und fragte
mich, ob Gott mich da durchbringen würde. Die Rankengewächse am Wegrand mit
ihren regenbogenfarbigen Blüten schienen mit dunkel und grau, so besorgt war
ich. Die Hitze durchdrang alles, aber mein Herz war eiskalt…
Kein Prozess, sondern
eine Reise
Tage zuvor hatte man mir
ein kleines, schwerkrankes Mädchen überreicht. Sie war emotional am Ende,
körperlich unglaublich schwach. Und mein Herz zerbrach, als mir mein Vater im Himmel
sagte: «Du wirst ihre Mutter sein.» Ich? Wie konnte ich das schaffen? Sie hatte
viel zu viele spezielle Bedürfnisse… meine Gebete stockten. Wie konnte ich
diese kleine Person, die ich doch kaum kannte, lieben und an mich binden?
Zunächst bezeichnete ich diese Bindung als Prozess, aber das bedeutet, dass es ein
Ende gibt. Ein Prozess ist eine «Reihe systematischer Handlungen, die auf ein
bestimmtes Ziel hinlaufen». Aber Bindung, Liebe endet nicht. Es ist kein Prozess, es ist eine
Reise.
Wenn Liebe nicht von allein kommt
Mein Herz taute nach und
nach auf, als ich in dem heissen Bus neben meiner frisch adoptierten Tochter
sass. Ich werde nie wieder zurück nach China kommen, dachte ich an dem Tag in Guangzhou.
Nie wieder wollte ich an diesen Ort der Erde kommen, wo meine Idee von Liebe
zerstört worden war.
Aber ganz tief unten, im
Zentrum meines Kummers, hörte ich die leise Frage: Liebt Gott mich wirklich?
Wenn er das tat, warum berief er uns dann zur Adoption, obwohl es so schwierig war?
Sie müssen verstehen, für unsere Tochter war die Bindung an uns ein Kampf, vom
Augenblick an, in dem sie uns übergeben wurde. Das hatte ich erwartet, sie
kannte uns ja nicht. Wir waren Fremde für sie. Aber meine Gefühle für sie zu
Beginn waren für mich eine unangenehme Überraschung…
Wie Wurzeln im Winter
Sarah Frazer ist Bloggerin, Bibelschullehrerin und Mutter von drei eigenen und zwei adoptierten Kindern.
Ich hatte nie über wahre
Liebe nachgedacht, bevor ich zwei Kinder adoptierte (ja, zwei – Gott schickte
uns zwei Jahre später zurück nach China, weil er mich so sehr liebt und weil
ich noch mehr lernen sollte…). Wahre Liebe wächst langsam und geht so viel
tiefer. Wie Wurzeln im Boden: Bäume wachsen
auch im Winter. Ihre Wurzeln wachsen weiter in den Boden hinein, weg von der
Kälte, dorthin, wo Wasser und Nährstoffe in der Erde versteckt sind. Auch wenn
unsere Tage trostlos sind, wächst die Liebe, weil echte, wahre Liebe nicht von
den äusseren Umständen abhängig ist.
Und diese Liebe, die
langsam und über lange Zeit hinweg wächst, ist Liebe, die hält. Es ist die
Liebe, die entsteht, wenn man sich dafür entscheidet. Es ist die Liebe, die um
2 Uhr morgens die Unordnung aufräumt und das Kind festhält, während es einen hasst,
schreit und weint. Diese tiefere Liebe sagt «Ich liebe dich», auch wenn die
Gefühle das Gegenteil sagen. Sie hält durch Höhen und Tiefen. Mit dieser Art
von Liebe liebt uns Gott, der Vater.
Meine Liebe für meine fünf
Kinder ist gleich. Jedes Kind ist einzigartig und die Art, wie wir uns
aneinander binden, ist verschieden, aber von meinem Ältesten, mit allen
Fehlern, die man als Mutter macht, bis hin zum Jüngsten, der jeden Tag meine
Geduld herausfordert, liebe ich sie alle so sehr.
Ich habe gelernt, dass
wahre Liebe eine Entscheidung ist, die wir jeden Tag treffen müssen. Und das
macht einen Unterschied!